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19. März 2024
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Skriðuklaustur – ein Tipp für den Osten

Abseits der Touristenrouten befindet sich im Osten Islands ein Kleinod der Ruhe, welches auch kulinarische Überraschungen bietet. Die Rede ist von Skriðuklaustur. Dieser Ort hat seinen Ursprung in einer sehr alten Erzählung, die von einem Wunder berichtet und dazu führte, dass hier ein Kloster errichtet wurde.

In dieser Erzählung aus dem 15. Jahrhundert ist der Pastor von Valþjófsstaður auf dem Weg zu einem todkranken Menschen, um ihm den letzten Dienst zu erweisen. Aber auf dem Weg dorthin verliert er seinen Kelch und seine Patene. Auf der Suche nach den verlorenen Gegenständen findet man diese auf einem kleinen Hügel unterhalb des Hofes von Skriða. Der Kelch ist mit Wein gefüllt und von der Patene abgedeckt, auf der ein Brot liegt. Zur Erinnerung an dieses Wunder wurde dort eine Kapelle gebaut, die an der Stelle, wo der Kelch und die Patene gefunden wurden, einen Altar hatte. Später wurde dort das Kloster Skriðuklaustur gegründet, das bis zur Reformation bestand, dann aber verlassen wurde und verwitterte.

Aussichtsplattform von Skriðuklaustur
Aussichtsplattform von Skriðuklaustur

Erst fünf Jahrhunderte später wurden die Überreste gefunden und Archäologen gruben die Ruinen des alten Augustinerklosters aus. Das Ergebnis der umfangreichen Ausgrabungen sind die nun freigelegten Grundmauern und Umrisse der Gebäude des Klosters, die von einer Aussichtsplattform überschaut werden können. Die Ausgrabungsstätte ist begehbar und Hinweisschilder geben einem die notwendige Orientierung, in welchem Gebäudeteil oder Zimmer man sich befindet. Eine weiterer Fund auf dem Gelände des Klosters ist das Grab des Vagabunden Jón Hrak. Von ihm berichten viele Legenden in Island. Das besondere ist, dass er entgegen der üblichen Tradition in nordsüdlicher Richtung begraben liegt. Der Dichter Stephan G. Stephansson schrieb dazu in einem Gedicht folgende Zeilen, die den meisten Isländern bekannt sind: „Es ist kalt im Rücken des Chors; da liegt der alte Jón Hrak. Jeder liegt begraben von Ost nach West, jeder, aber nicht Jón Hrak.“

Ausgrabungsstätte von Skriðuklaustur
Ausgrabungsstätte von Skriðuklaustur

Oberhalb des Ausgrabungsgeländes befindet sich ein weiteres sehenswertes Gebäude. Das als Gunnarshús bezeichnete Haus fällt sofort auf, da es nicht in der in Island typischen Bauweise erstellt ist. Es ist ein nach dem Vorbild europäischer Gutshöfe gebauter landwirtschaftlicher Hof. Heute zu sehen ist das Wohnhaus, welches über eine Fläche von ungefähr 325 Quadratmetern verfügt. Insgesamt waren 2.800 Quadratmeter geplant, wollte doch Gunnar Gunnarsson, der den Hof 1938 erworben hatte, hier einen großen landwirtschaftlichen Betrieb aufbauen. Architekt dieses Bauprojektes war der deutsche Fritz Höger, der mit Gunnar befreundet war. Fritz Höger hat aber Island nie selbst besucht, sondern bezog sein Wissen ausschliesslich über Gunnar und Literatur, die zu dieser Zeit zur Verfügung stand. Fritz Höger und Gunnar Gunnarsson hatten beide neben ihrer beruflichen Passion der Architektur bzw. Landwirtschaft eine weitere Leidenschaft: das Schreiben von Gedichten. So lernten sich beide auf einer Veranstaltung des Eutiner Dichterkreises in Lübeck kennen und wurden enge Freunde. Die Freundschaft endete erst durch den Tod Högers im Juni 1949.

Gunnarshús
Gunnarshús

Der Umstand, dass Gunnar auch Gedichte schrieb, führte dazu, dass das Hauptgebäude heute auch das „Dichterhaus“ oder „Haus der Dichter“ genannt wird. Teile des Hauses können besichtigt werden und sind durch eine Ausstellung ergänzt, die über das Leben Gunnar Gunnarssons Auskunft gibt. Die idyllische Lage in dem grünen Tal oberhalb des Lagarfljóts, die für Island ungewöhnliche Architektur und die historische Bedeutung machen diesen Ort zu etwas Besonderem. Glücklicherweise liegt dieser Ort abseits der Touristenrouten und es kommen nur diejenigen hierhin, die diese besondere Ruhe geniessen wollen.

Im Untergeschoss des Hauses ist ein Café, welches in den Sommermonaten ein isländisches Buffet zu einem für Island günstigen Preis anbietet. Offeriert werden meist zwei verschiedene Suppen, ein Fleisch- und ein Fischgericht, kleinere Häppchen, Salate und verschiedene Kuchensorten. Dazu wird Wasser und Kaffee gereicht. Die Speisen werden mit Zutaten aus der Region zubereitet und es werden heimische Gemüse, Pflanzen und Gewürze verwendet. Das Haus zu verlassen, ohne das Buffet in Anspruch zu nehmen, ist fast frevelhaft. Das darf man sich nicht entgehen lassen.

Schon gewusst?
Der Lagarfljót beherbergt ähnlich wie der weltbekannte Loch Ness in Schottland ein Seeungeheuer. In 2012 gelangen einem Isländer davon Videoaufnahmen, deren Echtheit von einer eigens dafür eingerichteten Kommission bestätigt wurden.

Zu finden ist Skriðuklaustur an der Straße 933. Von Egilsstaðir folgt man der Ringstraße und dann der Straße 931 in Richtung Süden, bis diese am Ende des Lagarfljóts auf die andere Seite führt. Dort zweigt die Straße 931 dann wieder auf der anderen Seite des Lagarfljóts nach rechts in Richtung Egilsstaðir ab. Nach links geht es auf die Straße 933, auf der man nach ungefähr fünf Kilometern auf der linken Seite Skriðuklaustur erreicht.

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